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Betrachtungsdauer und Betrachtungsverhalten bei Volleyballspielen

Eine kritische Analyse

(hb) Eine kritische Analyse über das Zuschauerverhalten bei Heimspielen der 1. Herrenmannschaft des TV Klarenthal.

In dieser Abhandlung soll versucht werden, das Betrachtungsverhalten und die Betrachtungsdauer der Zuschauer von Heimspielen des TVK, Abt. Volleyball, Sparte 1. Herrenmannschaft kritisch zu durchleuchten. Die gewonnenen Erkenntnisse entstammen einem Feldversuch, der von der BGfuFaiBdV (Bäbaleés Gesellschaft für unsinnige Forschungsarbeiten im Bereich des Volleyballsport) im Zeitraum September 1996 bis März 1997 in den Spielstätten Sporthalle Gersweiler und Sporthalle Bruchwiese durchgeführt wurde. Anhand von Einzelschicksalen wird versucht aufzuzeigen, wie unterschiedlich menschliche Individuen auf die mehr oder minder schnelle Abfolge von Handlungsabläufen und komplexen Prozessen während eines Volleyballspiels reagieren.
Um Verhaltensänderungen durch subjektiv erlebte Beobachtung durch die Testpersonen zu minimieren, waren die Probanden nicht über die Versuche informiert und auch völlig zufällig ausgewählt. Im Anschluß an die einzelnen, visuellen Beobachtungen wurden standardisierte Interviewtechniken angewandt, um Rückschlüsse auf das individuell - subjektive Befinden des untersuchten Personenkreises zu gewinnen. Dabei zu tage getretene Verhaltensauffälligkeiten im sozialen Bereich bleiben unkommentiert. Zu beachten ist weiterhin, daß die Namen der Versuchspersonen aus Gründen des Persönlichkeitsschutzes und zum Schutz vor Übergriffen auf den Autor geändert wurden.

Die Fallstudien, die mit Hilfe komplizierter heuristischer Verfahren als repräsentativ ausgewählt wurden, hier nun im Einzelnen.


Frau Anette B.

Die Hausfrau und Mutter dreier Kinder zählt zu jenem Klientel der Zuschauer, das wohl als “harter Kern” zu bezeichnen ist. Eine Aufnahme in den neu gegründeten Fanclub wurde bislang nicht beantragt.

Verhält sich die Probandin im täglichen Leben gemäß der sozial einstudierten Verhaltensmuster, so erlebt dies bei der Beobachtung von Volleyballspielen eine dramatische Änderung. Sind vor Spielbeginn noch vereinzelt kommunikative Kontaktaufnahmen im sozialen Umfeld zu beobachten, sinkt die Häufigkeit der beobachtbaren sozial - kommunikativen Äußerungen bei Anpfiff des Spieles auf ein Minimum. Im weiteren Spielverlauf kommt es phasenweise zu einer kompletten Ausschaltung der umfeldbedingten Kontaktierungen. Es sind lediglich einige, nur schwerlich der deutschen Sprache zuzuordnenden Äußerungen wie z.B.: “Hobbb, Hobbb, Hobbb”, “Ohh Mensch”, “Aus”, “Drinn” und rhythmisches Klatschen zu vernehmen. Auch ist festzustellen, daß die Versorgung des Körpers mit Flüssigkeit nur mühsam aufrecht erhalten wird; die Grundversorgung läuft automatisiert durch regelmäßige, fahrige Griffe zu einer meist bereitstehenden Flasche Gerstensaft ab. Hin und wieder erwacht die Probandin aus ihrer scheinbaren Trance, begibt sich ins Foyer der jeweiligen Sportstätte, entzündet eine Zigarette und ist während dieser Zeitspanne auch fähig zu koordinierten Bewegungen und zu Gesprächen mit anderen Zuschauern, um nach Wiedereinnahme ihrer Beobachtungsposition sogleich wieder in den beschriebenen Zustand komatöser Wachsamkeit zu verfallen.

Die mütterlichen Schutzinstinkte sind nur noch redundant vorhanden. Stürze, Verletzungen und weiteres Ungemach, das ihrer ebenso zahlreichen wie spieluninteressierten Kinderschar während der Heimspiele zustieß, ließen bei Frau B., keinerlei Aktivität erkennen.

Nach Beendigung des Spieles kehrt Frau B. dann wieder zu ihrem normalen Verhaltensmuster zurück, erkennt ihre Kinder und ihren Gemahl wieder und ist außerdem auch fähig, detaillierte Berichte über das Spielgeschehen zu geben. Desweiteren kehren auch die angeborenen Schutzreflexe gegenüber der Nachkommenschaft zurück und sie nimmt ihre Küken wieder unter ihre Obhut.


Frau Heike H.

Diametral entgegengesetztes Verhalten konnte bei Frau Heike H. beobachtet werden. Auch während der spannendsten Ballwechsel ist bei ihr jederzeit die Bereitschaft zu kommunikativer Kontaktaufnahme zu erkennen gewesen. Trotzdem erweckte diese Probandin bei ungeübten Beobachtern den Eindruck höchster Konzentration auf das Spielgeschehen. Auch paßte sie sich ihrer teilweise viel vergeistigteren Umgebung an, indem auch sie in kriegsgesangähnliche Stimulationsrufe wie z. B.: “Hobbb, Hobbb, Hobbb” “T......,V......,K......” einstimmte. Untermalt wurden diese Rufe ebenfalls durch rhythmisches Klatschen und Trampeln mit den äußeren, unteren Extremitäten.

Bei der Präparierung von Konditoreierzeugnissen auf die Belange der Feier des Wiegenfestes eines ihr näher bekannten Spielers der beobachteten Mannschaft erwies Frau H. eine erstaunliche Fähigkeit zwischen konzentrierter Spielbeobachtung und dem Entzünden wachsähnlicher, länglicher Gegenstände, die das Lebensalter des ihr zugeneigten Spielers darstellten. Das tortenähnliche Backwerk mit den brennenden Kerzen in den Händen haltend begab sich die Probandin in die Nähe des Spielfeldes um das Ende des Spieles abzuwarten. Der kognitive Wahrnehmungsprozeß eröffnete ihr zwei Möglichkeiten: Erstens, gemäß des Verhaltensmusters der ersten Probandin regungslos verharren und außer Acht lassen , daß dann innerhalb kürzester Zeit die Couvertüre des Geburtstagsbackwerkes aus Wachs bestünde. Oder zweitens, durch das Ausblasen der Kerzen das sich hinauszögernde Spielende abzuwarten, gleichwohl wissend, daß dies zu einer Wiederholung der Kerzenentzündungsprozedur führen würde.

Frau H. entschied sich gleich mehrfach für die zweite Variante, was den Schluß zuläßt, daß sie ihre kognitive Wahrnehmungsebene den jeweiligen Bedürfnissen voll anpassen kann.


Herr Siegfried F.

Konnte bei Frau H. noch eine kommunikativ eher als zurückhaltend zu bezeichnende Verhaltensweise während des Spielverlaufs festgestellt werden, so muß beim Verhalten von Herrn F. von einem situativ sehr stark auf kommunikativen, jedoch in eine Richtung verlaufenden, sozialen Kontaktbedürfnis gesprochen werden. Zumeist suchte er während des Feldversuchs, Verbindung zu Spielern der gegnerischen Mannschaft oder dem neutralen Schiedsgericht aufzunehmen. Dies lief immer nach einem einheitlichen Muster ab, das im Folgenden genauer durchleuchtet werden soll.

Kurz nach Anpfiff des Spieles reduzierte Herr F. die auf Sender - Empfänger ausgerichtete Kommunikation auf eine reine Sender-Funktion. Besonders bemerkenswert war seine zu beobachtende Affinität zu den Herren in Weiß, wie er regelmäßig zu Spielbeginn unter Beweis stellte. Um eventuellen Fehlentscheidungen prophylaktisch vorzubeugen und dies auch einer breiten Öffentlichkeit zugänglich zu machen, prägte Herr F. den Begriff des “Nissjens”. Sein Ruf “Ey, Du Nissje” verbreitet inzwischen unter der pfeifenden Bevölkerung Mitteleuropas Angst und Schrecken. Auch sämtliche Spieler mußten damit rechnen, daß ihre Schwächen von der Testperson schonungslos offengelegt wurden. Bezeichnenderweise war es nicht möglich, während des Spieles den Probanden zu einer weitergehenden Kommentierung seiner gerade gemachten Äußerungen zu bewegen. Bei einigen Versuchen dieser Art konnten lediglich aus dem situativen Kontext herausgerissene Verbalattacken notiert werden. Nach Beendigung der Spiele war Herr F. wieder in der Lage, seine Kommunikation dem normalen Sender - Empfänger - Muster anzupassen.

Anhand der aufgezeigten Fallbeispiele wird deutlich, wie unterschiedlich Angehörige des mitteleuropäischen Kulturkreises mit der physischen und psychischen Belastung bei der Beobachtung eines Volleyballspiels umzugehen versuchen. Die herausgearbeiteten Ergebnisse sind in mindestens einer der gezeigten Varianten auf 97,8563 % der volleyballinteressierten Bevölkerung übertragbar.


Aber was können wir dieser Studie entnehmen?

Ich denke nichts. Außer daß es auch in der abgelaufenen Saison wieder zu spannenden Begegnungen gekommen ist, und daß auch für die kommende Runde in der zweiten Bundesliga ein interessiertes und fachkundiges Publikum zu den Heimspielen begrüßt werden kann.

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Copyright © 1998, Axel Schumann, Last Updated 15.01.98