Stuttgart war eine Reise wert...
(rk/as)
Klarenthal in der zweiten Bundesliga - für die meisten Spieler hat
sich damit ein langer Traum erfüllt, andere haben noch nicht einmal
gewagt, davon zu träumen! Doch Samstagabends am 26. April 1997 stand
der Aufstieg fest. Vorausgegangen war eine wechselhafte Regionalligasaison,
die von Eintracht Frankfurt, der SG Rodheim und natürlich dem TV
Klarenthal dominiert worden ist. Nicht immer konnten die Vorstellungen
der Trainerbank auf dem Feld umgesetzt werden, nur sehr selten stand die
Mannschaft komplett zur Verfügung. Und
trotzdem wurde der zweite Tabellenplatz hinter der Eintracht erreicht.
Und dann begann das lange Abwarten: spielt Frankfurt die Relegation oder nicht? Aus der Mainmetropole bekam man nur zu hören: “Trainiert mal weiter, es kann sein...”. So absolvierte das Team zwar immer noch mehr oder weniger motiviert die beiden Trainingseinheiten, die aus Fußball, Fußball und Fußball bestanden, pro Woche, doch der Glaube an einer Teilnahme bei der Relegation schwand von Woche zu Woche. Ironie des Schicksals ist dann die Tatsache, daß Eintracht immerhin schon eine Woche vor der Relegation in Stuttgart endgültig die Absage signalisierte. In Klarenthal hatte man aber gerade einen Tag zuvor in einer Mannschaftssitzung die Weichen für eine weitere Regionalligasaison gestellt. Trainer Georg Betz, der mit seinem fünfjährigen Engagement entscheidend für die positive Entwicklung des Teams verantwortlich war, wollte sich neue Herausforderungen suchen und stand nicht mehr als Coach zu Verfügung. Mit Alexej Degtjarjow schlugen dann einige Spieler den neuen Trainer vor, der nach kurzer Diskussion noch am gleichen Tag vom Spieler zum Chefcoach befördert wurde und die Saisonvorbereitung für eine weitere Regionalligasaison leiten sollte. Zu diesem Zeitpunkt wußte keiner, daß Frankfurt tags darauf endgültig absagte und der TVK die Möglichkeit hatte, zum Aufstiegsturnier zu fahren.
Nun
war guter Rat teuer - Jeder kam ins Rotieren. Manager Ralf
Kramny und Abteilungsleiter Jürgen
Mügel checkten die finanziellen Mittel und gaben grünes Licht,
falls die Mannschaft spielen wollte und so kam es Samstags zu einer kurzfristig
einberufenen weiteren Mannschaftssitzung im Mügelschen Garten zu Klarenthal.
Dort begann dann das Unternehmen Bundesliga, denn die Spieler entschieden
sich einstimmig den Versuch, mit all seinen Konsequenzen, zu wagen. Es
wurde kurzerhand ein Sondertraining am heiligen Sonntag beschlossen und
Neutrainer Alexej Degtjarjow konnte das hochmotivierte Team taktisch vorbereiten.
Freitags ging es dann ab ins Schwabenländle
- die Randbedingungen waren erstklassig. Der gesamte Mannschaftstroß
einschließlich Fan-Club war im Bildungszentrum der Deutschen Telekom
untergebracht, was sicherlich ein sehr guter Tip des Vorsitzenden des TV
Klarenthal, Hans-Joachim Scholl, war. Somit startete eine Klarenthaler
Mannschaft, die optimal eingestellt war, in das erste Spiel des Turniers.
Die hohen Erwartungen wurden auch nicht enttäuscht. Der Chemnitzer
PSV wurde bei dem 3:0 Erfolg nahezu deklassiert. Noch nie hatte Klarenthal
über ein gesamtes Spiel hinweg eine so konstant gute Leistung geboten!
Am zweiten Turniertag folgte dann aber die Ernüchterung: 1:3 gegen
TSV Friedberg. Der TVK konnte nie an die am vortag
gezeigte Leistung anknüpfen und hatte vor allem in der Annahme die
größten Defizite. Böse Zungen behaupteten nach Ende des
Spiels, daß die Mannschaft den morgendlichen Waldlauf einfach nicht
verkraftet hatte. Vom anschließenden Spiel der Stuttgarter gegen
Chemnitz wurde noch der erste Satz verfolgt, dann ging es zum Essen in
einen Kellergastraum einer Stuttgarter Pizzeria, wo man nach der Friedberg-Niederlage
gar nicht so gut gelaunt war. Trotzdem war man natürlich auf das Ergebnis
des Stuttgarter Spiels gespannt.
Mit der Stuttgarter Turnierleitung war vereinbart worden, daß das Endergebnis direkt nach Spielende via Handy mitgeteilt werden sollte. Nun hatte aber das Handy im Keller der Pizzeria keinen Empfang. Also wurde die Rufumleitung auf die Telefonnummer der Pizzeria programmiert. Bei jedem Anruf, der von nun an in die Pizzeria kam, waren sofort alle Gespräche an den Tischen verstummt! Und es dauerte ziemlich lange, bis sich endlich der erwartete Anrufer meldete - zu lange, um noch auf einen klaren Stuttgarter Sieg zu hoffen, der ja den Aufstieg für Klarenthal bedeutet hätte. 3:1 für Stuttgart lautete das Ergebnis - na ja, geht ja noch. Zunächst wußte aber keiner, ob nun schon für Klarenthal eine Entscheidung gefallen war. Es folgte die große Stunde von Thomas Konstandin. Auf einer Serviette des Restaurants wurde alles durchgerechnet - mit dem Ergebnis, daß Klarenthal selbst für den Fall einer 0:3-Niederlage gegen Stuttgart aufgestiegen war! Nach kurzer Zeit war auch der letzte Zweifler überzeugt, was die Stimmung im Saal beträchtlich anhob!
Gefeiert
wurde so, wie man es weitläufig von Klarenthal gewohnt ist: bis in
den frühen Morgen. Gerüchteweise sollen sogar noch im Morgengrauen
einzelne feiernde Spieler in der Tiefgarage des Hotels gesehen worden sein...
Bemerkenswert ist dann aber noch die überzeugende Vorstellung am Abschlußtag
gegen die bis dahin noch ungeschlagenen Stuttgarter. Die Zuschauer sahen
ein tolles Spiel auf sehr hohem Niveau mit einer siegreichen Klarenthaler
Mannschaft im fünften Satz. Es hat Spaß gemacht, hier zuzuschauen,
weil sich die Spielfreude beider Teams auf die Fans übertragen hatte.
Aber das
war ja auch kein Wunder, schließlich waren schon vor dem Spiel beide
Mannschaften aufgestiegen.
Stuttgart war also auf jeden Fall eine Reise wert. Für viele wird es ein Erlebnis gewesen sein, von dem sie in einigen Jahren noch gerne erzählen. Der bislang größte Erfolg der Abteilungsgeschichte kam auch pünktlich zum 25jährigen Abteilungsjubiläum. Wenn man zukünftig in Klarenthaler Kreisen den Namen der Schwabenmetropole erwähnt, dann wird man dort sicherlich nicht an Miss Saigon denken, sondern an unvergeßliche Momente einer Mannschaft, die vor allem mit Teamgeist überzeugt hat.
Index
TVK
1. Mannschaft
Copyright © 1998, Axel Schumann, Last Updated
15.01.98